Wissenswertes über Lawinenrucksäcke

Die Lawine ist wohl das gefürchtetste Unglück eines jeden Wintersportlers, der gerne mal abseits der Piste unterwegs ist. Neben den LVS-Geräten, der Sonde und Schaufel zählt der Lawinenrucksack zu einem wichtigen Bestandteil der Lawinenausrüstung, die einen vor dem größten Unglück schützen soll. Wie der Airbag im Auto ist auch hier das Luftkissen ein integrales Element der Sicherheit. Durch das Ziehen an einem Hebel wird Luft in das Kissen gepustet, wodurch sich die Oberfläche des Anwenders vergrößert. Dies soll den Effekt haben, dass die Person an die Oberfläche getrieben und nicht von der Lawine verschluckt wird.

Laut einer Studie des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung in Davos liegen die Überlebenschancen bei einem Lawinenabgang mit Lawinenrucksack bei 98%, wenn dieser ausgelöst wird. Ohne die Auslösung beträgt die Überlebenschance nur rund 50%.

Doch warum kommt es immer noch zu so vielen Toten durch Lawinenabgängen (im Winter 2018/2019 20 Tote allein in Österreich, in der Schweiz durchschnittlich 25 Tote im Jahr)? 

Trotz der gesteigerten Überlebenswahrscheinlichkeit mit einem Lawinenrucksack besitzen viele Wintersportler einen solchen Rucksack nicht. Doch auch das Tragen des Rucksacks alleine ist kein Garant für das Überleben in einer Lawine, denn bei einem Abgang wird der Rucksack nicht automatisch ausgelöst. Der Betreffende muss selbst einen Hebel betätigen, um den Airbag auszulösen. Innerhalb von 2-3 Sekunden ist der Airbag aufgeblasen und kann die Oberfläche vergrößern. Doch selbst dann besteht keine 100%ige Garantie, dass man überlebt. 

Spulen wir noch einmal zurück zum Lawinenabgang.

Auslöser eines abgehenden Schneebretts ist in den meisten Fällen eine externe Kraft (meist Wintersportler oder Wildtiere). Dies bedeutet, die Personen stehen bereits auf der abgehenden Schneemasse. So eine Paniksituation führt dazu, dass unser Instinkt die Kontrolle über unser Handeln übernimmt. Den Airbag auszulösen erfordert jedoch ganz bewusstes Handeln. Zusätzlich wirkt die Kraft der Lawine, die eine kontrollierte Bewegung nahezu unmöglich macht. Der Mensch in der Lawine überschlägt sich, verliert oft die Orientierung und Kontrolle über sein Handeln. Der Griff zum Hebel muss also schon beim Auslösen der Lawine erfolgen. Die betreffende Person sollte sich im günstigsten Fall bewusst über die Lawinensituation sein und mit einem Abgang rechnen. Die andere Möglichkeit den Lawinenrucksack auszulösen ist über Training und Visualisierung. Da sich das Training mit echten Lawinen als ziemlich gefährlich gestaltet, tut man besser daran den Griff zum Hebel immer wieder durchzuführen und sich dabei die Situation des Lawinenabgangs lieber nur vorzustellen. Die Bewegung muss sich als instinktive Handlung verankern und dafür ist häufiges Training nötig.

Doch warum begeben sich Menschen überhaupt freiwillig in die Gefahr einer Lawine? Hier sollte man wohl anbringen, dass sie dies häufig nicht freiwillig tun. Unwissen und falsche Gefahreneinstufung sind wohl die häufigsten Gründe dafür. Doch auch die trügerische Sicherheit durch vorhandenes Equipment kann dazu führen, die Situation falsch einzuschätzen. Durch den teuren Lawinenrucksack und die gesamte LVS-Ausrüstung wägen sich viele Wintersportler in Sicherheit. Dazu gehört auch das Unterschätzen einer niedrigen Lawinenwarnstufe. Die sensationelle, unbefahrene Abfahrt eines steilen Hanges plus das Mantra „mir wird schon nichts passieren“ ist der letzte Schritt zu unvorsichtigem Handeln. Doch nicht nur unerfahrene, auch sehr erfahrene Bergsportler sind vor der Gefahr einer Lawine nicht immer sicher.

Der Lawinenrucksack kann also durchaus Leben retten, eine Garantie dafür gibt er jedoch nicht. Um als Lebensretter zu dienen, muss der Benutzer im richtigen Moment richtig handeln. Dafür ist viel Training und Selbstbeherrschung notwendig. Ein Quäntchen Glück gehört wohl auch dazu. Der Lawinenrucksack ist ein gutes Add-On und gehört für jeden Powderliebhaber zur essenziellen Ausrüstung. Selbst wenn er nicht 100%igen Schutz vor dem Tod bietet, erhöht er die Wahrscheinlichkeit zu überleben enorm (die richtige Anwendung vorausgesetzt). Trotzdem gilt es alle Warnzeichen für eine Lawine zu beachten und nicht fahrlässig zu handeln.

Solltet ihr nun überlegen euch einen Lawinenrucksack anzuschaffen, haben wir im Folgenden ein paar Tipps zum Kauf. 

Bei Lawinenrucksäcken gibt es im Großen und Ganzen nur relativ wenig zu beachten. Der größte Unterschied zwischen den verschiedenen Modellen besteht darin, dass die meisten mit einer Luftkartusche funktionieren, andere Modelle über ein elektronisches Aufblassystem verfügen. Der Vorteil einer Kartusche ist, dass man nicht auf Elektronik und einen Akku angewiesen ist. Der Nachteil wiederum ist, dass man sie nur einmal verwenden kann, danach muss ein Austausch erfolgen (Wiederauffüllung ist bei den meisten Herstellern möglich). Die meisten elektronischen Auslösesysteme verfügen über die Möglichkeit, mehrfach in Folge ausgelöst zu werden. Dies hat besonders bei Folgelawinen einen gehörigen Vorteil. Der Auslösemechanismus ist bei eigentlich allen Rucksäcken gleich. Durch den Zug an einem Hebel wird die Auslöseeinheit aktiviert und der Airbag bläst sich innerhalb von 2-3 Sekunden vollständig auf. Die Größe des Airbagsystems ist noch ein wichtiger Punkt. Je größer der Airbag, desto mehr Oberfläche, folglich mehr Auftrieb. Ein kleinerer Airbag birgt also den Nachteil des geringen Auftriebs, ist dafür aber leichter. Man sollte jedoch beachten, dass die Größe des Rucksacks so gewählt wird, dass Schaufel und Sonde Platz haben, damit im Zweifel jemand anderem aus einer Lawine geholfen werden kann. Den Preis lassen wir bewusst außer Acht, da euch euer Leben mehr Wert sein sollte, als ein günstigeres Modell. 

Also dann, viel Spaß im Schnee, seid vorsichtig und begebt euch nicht unnötig in Gefahr.

Published by slopes and ropes

Bergsportler und Bergenthusiast

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