Smartwatches, Fluch oder Segen?

Smartwatches bringen viele nützliche Funktionen mit sich. Mit ihnen lässt sich jeder Zeit unser Puls kontrollieren, wir wissen wie viele Schritte wir gemacht haben und wie wir geschlafen haben. Doch ist diese komplette Überwachung unserer Aktivitäten und Pausenzeiten so gut für uns? 

Wir denken Smartwatches können Fluch und Segen zugleich sein. Zum einen verpassen wir Dank ihnen keine Termine oder Anrufe mehr. Das Handgelenk vibriert und wir wissen auf unserem Handy passiert etwas. Des Weiteren können wir unser Training optimal an unser Fitnesslevel anpassen und überwachen. Sie bieten uns die Möglichkeit Tagesziele zu setzen und zu überprüfen, ob wir sie erreicht haben. Auch unser Puls lässt sich jeder Zeit kontrollieren, wodurch wir erkennen in welchem Trainingsbereich wir uns gerade befinden und ob wir die Leistung noch über einen längeren Zeitraum halten können. Wenn wir morgens aufwachen und auf unsere Uhr gucken wissen wir, wie gut wir geschlafen haben, wie oft wir aufgewacht sind und wie erholsam unser Schlaf war. 

All diese Funktionen können für manche Menschen definitiv von Vorteil sein, für andere bedeuten sie Stress. Die dauerhafte Erreichbarkeit stresst viele von uns im Alltag ohnehin schon unterbewusst. Andauernd schauen wir aufs Handy und hoffen, Anrufe und Nachrichten nicht zu verpassen. Smartwatches können dies noch verschlimmern, da wir sofort mitkriegen, wenn uns jemand schreibt. 

Wie passt das Gefühl der ständigen Abrufbereitschaft zu dem Ziel überein, mit dem wir an den Berg gehen? Schließlich wollen wir den Berg und die Natur nutzen, um endlich mal Abstand von diesem Stress zu haben. Wir lassen das Handy bewusst im Rucksack oder in der Tasche, um nicht erreichbar zu sein. Wenn nun das Handgelenk bimmelt weil jemand schreibt, ist dies eher kontraproduktiv. Auch das erreichen des Tagesziels kann bei vielen Menschen Stress auslösen. Wenn wir um 20:00 Uhr nach einem Arbeitstag endlich gemütlich auf der Couch liegen und sehen, dass wir unsere 15.000 Schritte heute noch nicht getan haben, kommt das schlechte Gewissen auf. Wir fühlen uns schlecht, weil wir die Erwartungen, die mit dem Ziel einhergehen nicht erfüllt haben. Wir können nicht entspannen, da wir denken, dass wir heute eigentlich zu faul waren. 

Die Kontrolle des Pulses kann uns von unserem Gefühl für den Körper distanzieren. Wir vertrauen auf die Uhr, ungeachtet dessen, dass die Pulsmessung einer Uhr am Handgelenk ziemlich ungenau sein kann. Wir verlieren das Gefühl für unsere körperlichen Grenzen. Jeder Mensch ist individuell, deshalb sind die Bereiche der Trainingssteuerung auch für jeden Körper anders. Wir sollten lieber bewusst wahrnehmen, wie sich die Belastung für uns anfühlt, ungeachtet von den Zahlen die uns ein elektronisches Gerät übermittelt. Fühlt sich eine Belastung für uns nicht gut an, sollten wir sie ändern, auch wenn damit eventuell ein Pulsziel oder Trainingsbereich nicht erreicht wird. 

Die Messung der Schlafqualität entfernt uns ebenfalls von unserem eigenen Körpergefühl. Die Uhren zeigen morgens nach dem Schlafen an, wie gut unser Schlaf war. Dies beeinflusst natürlich die eigene Wahrnehmung der Schlafqualität. Zeigt die Uhr “schlechten Schlaf” an fühlen wir uns müde, auch wenn wir eigentlich ausgeschlafen sind. Auch hier ist wieder die Individualität des Körpers zu erwähnen, jeder Körper braucht unterschiedlich viel Schlaf. Dies wird bei diesen Messungen nicht berücksichtig. Die Uhren beinhalten Werte die vorprogrammiert sind, an denen die Schlafqualität bewertet wird. 

Trotz negativer Aspekte hat die Smartwatch aber definitiv eine Daseins-Berechtigung. Für die Trainingssteuerung eines Leistungssportlers sind die Features der Uhr ziemlich perfekt. Durch die Überprüfung der Daten können so Trainings angepasst und Steigerungen erkannt werden. Dennoch darf auch hier die Beachtung der körperlichen Individualität nicht vergessen werden. Für Trainingsgruppen ist es sinnvoll, wenn man sich durch den Austausch von Workouts oder Läufen gegenseitig motiviert. Zudem bietet die Navigationsfunktion die Möglichkeit seine Routen zu tracken, diese besser nachzuvollziehen und zu analysieren. Auch die Erreichbarkeit kann im Alltag definitiv hilfreich sein. Eine Person die einen vollen Terminkalender mit Arbeitsmeetings etc. hat, wird sicherlich von der Erinnerungsfunktion profitieren. Außerdem verpasst man wichtige Anrufe und E-Mails nicht.  

Fazit: Richtig angewendet und kritisch betrachtet, können Smartwatches durchaus einen Mehrwert und Segen für viele darstellen. Leider verlieren viele im Laufe ihres Lebens den Bezug zu ihrem Körper und können dessen Signale nicht mehr richtig deuten. Für diese Personen scheint so eine Smartwatch auf den ersten Blick DIE Lösung zu sein. Anstatt durch andere Praktiken vielleicht wieder einen besseren Bezug zum eigenen Körper zu erlangen, ist man immer auf die Rückmeldung eines elektronischen Geräts angewiesen. Daher ist es ratsam, zu all den Funktionen auch auf den eigenen Körper zu hören und dieses Gefühl immer über die Daten der Uhr zu stellen. Verlassen wir uns nur auf die Uhr könnte dies sich eher als Fluch entpuppen.  Wir verpassen mehr von unserer Umgebung, wenn wir immer erreichbar sind und nehmen dann vielleicht die schönen Dinge der Natur nicht mehr wahr.

Published by slopes and ropes

Bergsportler und Bergenthusiast

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